Wie kommt es, dass manche Organisationen es schaffen, ein gerechtes und gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld zu etablieren, während andere über hohe Krankheitstage, Mobbing, Unzufriedenheit oder fehlende Wertschätzung klagen? Dieser Frage ist Evermood Co-Founderin Lara von Petersdorff-Campen auf den Grund gegangen – in einem Experteninterview mit Prof. Dr. Bernhard Badura.
Prof. Dr. Badura ist Soziologe, Mitherausgeber des AOK Fehlzeiten-Reports und hat zuvor unter anderem an der Universität Konstanz, der Harvard University sowie der TU in Berlin gelehrt. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kultur-, Organisations- und Führungskräfteentwicklung, Organisationsdiagnostik und Mitarbeiterbindung.
Der Fehlzeiten-Report ist im Jahr 1999 ins Leben gerufen worden und hat es zum Ziel, eine Evidenzbasis über die Einflussfaktoren zu schaffen, die den Krankenstand beeinflussen und Aufschluss darüber geben, was Organisationen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen tun können.
Konkrete Erkenntnisse aus dem diesjährigen Fehlzeiten-Report sind zum Beispiel, dass es der Hälfte der Beschäftigten derzeit an gerechten Konfliktlösungen fehlt. Über 40 % vermissen Wertschätzung im Job und nahezu ein Viertel der Beschäftigten fühlt sich von der Führungskraft ungerecht behandelt. Das Handeln von Führungskräften und ihr Umgang mit Beschäftigten beeinflussen das Gerechtigkeitsempfinden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch deren gesundheitliche Verfassung. So zeigt der Fehlzeiten-Report, dass Beschäftigte, die sich von ihrer Führungskraft gerecht behandelt fühlen, deutlich weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen.
Es gibt Faktoren, die nachweislich einen großen Einfluss auf die Schaffung eines gesunden Arbeitsplatzes nehmen. Ein häufig genanntes Beispiel ist der Faktor Arbeitsbedingungen des bzw. der einzelnen Beschäftigten. Hierbei geht es um die Fragen:
Neben diesem ist auch der Faktor Organisationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Hier stellen sich Fragen wie:
Zudem der Faktor soziale Beziehungen:
Und abschließend der Faktor Unternehmenskultur:
“Es müssen Informationen und Vertrauensstellen geschaffen und an die Belegschaft kommuniziert werden. Das erhöht die Qualifizierungkompetenz der Führungskraft und hat gegenüber den Beschäftigten die wichtige Signalwirkung, dass sie am Arbeitsplatz unterstützt werden.” - Prof. Dr. Bernhard Badura
Meine erste Empfehlung an Unternehmen ist es, nicht im "Blindflug" zu führen und stattdessen Messinstrumente wie Diagnostik oder Befragungen einzuführen, um erstmal herauszufinden, in welcher Abteilung welcher Handlungsbedarf besteht.
Als zweiten Punkt möchte ich die Kommunikation und Sensibilisierung auf oberster Führungsebene nennen. Hier spielen verschiedene grundlegende Fragestellungen ein, die üblicherweise in Kulturwandel und Schulungsprogrammen für Führungskräfte umgesetzt werden – darunter das Verständnis über die Rolle der Führungskraft, Kulturfragen zu Hierarchie und Selbstorganisation und die Beantwortung der Fragen:
Aber auch Fragen, welche die Vertrauens- und Fehlerkultur betreffen.
Meine dritte, konkrete Empfehlung lautet: die richtigen Hilfsangebote schaffen und diese so zu strukturieren, dass sie für Beschäftigte einfach zugänglich sind. Denn viele Konflikte oder schwierige Gesprächs- und Belastungssituationen lassen sich nicht eigenständig lösen. Es müssen Informationen und Vertrauensstellen geschaffen und an die Belegschaft kommuniziert werden. Das erhöht die Qualifizierungkompetenz der Führungskraft und hat gegenüber den Beschäftigten die wichtige Signalwirkung, dass sie am Arbeitsplatz unterstützt werden.
Grundsätzlich bieten sich digitale Tools an, um einfach und schnell Befragungen durchzuführen und so den Gesundheitszustand eines Teams zu erfassen, um daraus Maßnahmen abzuleiten.
Darüber hinaus können digitale Lösungen dabei helfen, die bestehenden Hilfsangebote besser zu transportieren und die Gesundheitskompetenz aufzubauen – zum Beispiel, indem Mitarbeitende schnell und unkompliziert per Smartphone ein Coaching buchen, sich über interne Angebote und Weiterbildungsmöglichkeiten informieren oder konkrete Handlungsleitfäden an die Hand bekommen.
Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, zusammenzuhalten, die gleichen Ziele zu verfolgen und sich regelmäßig auszutauschen. Hier kann insbesondere die Präsenzkultur förderlich sein. Ich glaube, dass als Antwort auf die große Erleichterung, endlich ins Homeoffice gehen zu dürfen, bald eine Ernüchterung eintreten wird. Aus der Wissenschaft wissen wir, dass Menschen soziale Wesen sind – auch, was die Arbeit betrifft. Die physische Nichtpräsenz wird Folgen auf die Qualität der Information sowie die Interaktion haben und sie kann persönliche Vereinsamung verursachen.
Im Homeoffice ist es daher umso wichtiger, dass Führungskräfte das Gefühl vermitteln, dass die Arbeit jeder einzelnen Person wichtig ist und Mitarbeitende die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit verstehen. Dafür braucht es umso mehr eine Führungskultur, die nicht nur fordert, sondern auch fördert und unterstützt. Das bedeutet: Beschäftigte müssen zur Selbstorganisation befähigt werden und Führungskräfte müssen sich die Fähigkeit aneignen, frühzeitig Konflikte zu erkennen und Mitarbeitende in der Bewältigung zu unterstützen.
Wie kommt es, dass manche Organisationen es schaffen, ein gerechtes und gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld zu etablieren, während andere über hohe Krankheitstage, Mobbing, Unzufriedenheit oder fehlende Wertschätzung klagen? Dieser Frage ist Evermood Co-Founderin Lara von Petersdorff-Campen auf den Grund gegangen – in einem Experteninterview mit Prof. Dr. Bernhard Badura.
Prof. Dr. Badura ist Soziologe, Mitherausgeber des AOK Fehlzeiten-Reports und hat zuvor unter anderem an der Universität Konstanz, der Harvard University sowie der TU in Berlin gelehrt. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kultur-, Organisations- und Führungskräfteentwicklung, Organisationsdiagnostik und Mitarbeiterbindung.
Der Fehlzeiten-Report ist im Jahr 1999 ins Leben gerufen worden und hat es zum Ziel, eine Evidenzbasis über die Einflussfaktoren zu schaffen, die den Krankenstand beeinflussen und Aufschluss darüber geben, was Organisationen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen tun können.
Konkrete Erkenntnisse aus dem diesjährigen Fehlzeiten-Report sind zum Beispiel, dass es der Hälfte der Beschäftigten derzeit an gerechten Konfliktlösungen fehlt. Über 40 % vermissen Wertschätzung im Job und nahezu ein Viertel der Beschäftigten fühlt sich von der Führungskraft ungerecht behandelt. Das Handeln von Führungskräften und ihr Umgang mit Beschäftigten beeinflussen das Gerechtigkeitsempfinden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch deren gesundheitliche Verfassung. So zeigt der Fehlzeiten-Report, dass Beschäftigte, die sich von ihrer Führungskraft gerecht behandelt fühlen, deutlich weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen.
Es gibt Faktoren, die nachweislich einen großen Einfluss auf die Schaffung eines gesunden Arbeitsplatzes nehmen. Ein häufig genanntes Beispiel ist der Faktor Arbeitsbedingungen des bzw. der einzelnen Beschäftigten. Hierbei geht es um die Fragen:
Neben diesem ist auch der Faktor Organisationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Hier stellen sich Fragen wie:
Zudem der Faktor soziale Beziehungen:
Und abschließend der Faktor Unternehmenskultur:
“Es müssen Informationen und Vertrauensstellen geschaffen und an die Belegschaft kommuniziert werden. Das erhöht die Qualifizierungkompetenz der Führungskraft und hat gegenüber den Beschäftigten die wichtige Signalwirkung, dass sie am Arbeitsplatz unterstützt werden.” - Prof. Dr. Bernhard Badura
Meine erste Empfehlung an Unternehmen ist es, nicht im "Blindflug" zu führen und stattdessen Messinstrumente wie Diagnostik oder Befragungen einzuführen, um erstmal herauszufinden, in welcher Abteilung welcher Handlungsbedarf besteht.
Als zweiten Punkt möchte ich die Kommunikation und Sensibilisierung auf oberster Führungsebene nennen. Hier spielen verschiedene grundlegende Fragestellungen ein, die üblicherweise in Kulturwandel und Schulungsprogrammen für Führungskräfte umgesetzt werden – darunter das Verständnis über die Rolle der Führungskraft, Kulturfragen zu Hierarchie und Selbstorganisation und die Beantwortung der Fragen:
Aber auch Fragen, welche die Vertrauens- und Fehlerkultur betreffen.
Meine dritte, konkrete Empfehlung lautet: die richtigen Hilfsangebote schaffen und diese so zu strukturieren, dass sie für Beschäftigte einfach zugänglich sind. Denn viele Konflikte oder schwierige Gesprächs- und Belastungssituationen lassen sich nicht eigenständig lösen. Es müssen Informationen und Vertrauensstellen geschaffen und an die Belegschaft kommuniziert werden. Das erhöht die Qualifizierungkompetenz der Führungskraft und hat gegenüber den Beschäftigten die wichtige Signalwirkung, dass sie am Arbeitsplatz unterstützt werden.
Grundsätzlich bieten sich digitale Tools an, um einfach und schnell Befragungen durchzuführen und so den Gesundheitszustand eines Teams zu erfassen, um daraus Maßnahmen abzuleiten.
Darüber hinaus können digitale Lösungen dabei helfen, die bestehenden Hilfsangebote besser zu transportieren und die Gesundheitskompetenz aufzubauen – zum Beispiel, indem Mitarbeitende schnell und unkompliziert per Smartphone ein Coaching buchen, sich über interne Angebote und Weiterbildungsmöglichkeiten informieren oder konkrete Handlungsleitfäden an die Hand bekommen.
Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, zusammenzuhalten, die gleichen Ziele zu verfolgen und sich regelmäßig auszutauschen. Hier kann insbesondere die Präsenzkultur förderlich sein. Ich glaube, dass als Antwort auf die große Erleichterung, endlich ins Homeoffice gehen zu dürfen, bald eine Ernüchterung eintreten wird. Aus der Wissenschaft wissen wir, dass Menschen soziale Wesen sind – auch, was die Arbeit betrifft. Die physische Nichtpräsenz wird Folgen auf die Qualität der Information sowie die Interaktion haben und sie kann persönliche Vereinsamung verursachen.
Im Homeoffice ist es daher umso wichtiger, dass Führungskräfte das Gefühl vermitteln, dass die Arbeit jeder einzelnen Person wichtig ist und Mitarbeitende die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit verstehen. Dafür braucht es umso mehr eine Führungskultur, die nicht nur fordert, sondern auch fördert und unterstützt. Das bedeutet: Beschäftigte müssen zur Selbstorganisation befähigt werden und Führungskräfte müssen sich die Fähigkeit aneignen, frühzeitig Konflikte zu erkennen und Mitarbeitende in der Bewältigung zu unterstützen.